Wir stießen durch eine Dokumentation über den NSU darauf, in der ein Profiler des CIA zur Sprache kam. Dieser hatte schon 2006 – kurz nach dem Mord an Halit Yozgat, dem neunten Todesopfer der zum damaligen Zeitpunkt noch unaufgeklärten, deutschlandweiten Mordserie – die deutschen Behörden auf den Roman aufmerksam gemacht. In den darin beschriebenen, fiktionalen Terroraktionen sah er eine bedenkliche Ähnlichkeit, in den neun Morden und zwei Bombenattentaten in Köln die klare Handschrift rechter Terrorist_innen. Die deutschen Ermittelnden zeigten sich unbeeindruckt von dem Hinweis, schlossen rechten Terror aus und tappten weiter im Dunklen – bis es 2011 zur Selbstenttarnung des NSU kam und sich die Abgründe einer ganzen Epoche offenbarten.
Wir haben uns gefragt: Was hätte verhindert werden können, wenn man sich früher mit dem Stoff beschäftigt hätte? In rechten Kreisen sind die "Turner-Tagebücher" ein Standardwerk. Abseits davon kennt sie kaum jemand.
Und spätestens der über fünf Jahre andauernde Gerichtsprozess, in dem die anfängliche Hoffnung auf vollständige Aufklärung allmählich einer allgemeinen Zermürbung wich, hat gezeigt, dass es nicht reicht, wegzusehen, damit rechte Gewalt verschwindet. Mit dem Stück wollten wir einen Perspektivwechsel anbieten, weil wir fest daran glauben, dass man dem Erstarken verfassungs- und demokratiefeindlicher Organisationen und der realen Bedrohung, die von ihnen ausgeht, mit einer Ahnung von ihren Konzepten und Zielen begegnen muss.