Playing Earl Turner
von Laura Andreß und Stefan Schweigert in Kooperation mit Theater am Werk
Uraufführung
Sprache
Deutsch, Türkisch mit dt. Untertiteln
Dauer
ca. 60 Minuten
Premiere am
14. März 2024
Inhalt
Vor mehr als fünf Jahren wurden die Urteile im NSU-Prozess gesprochen. Noch immer sind wichtige Fragen zur Terrorgruppe und ihren Unterstützer*innen ungeklärt. Stattdessen wurde die Aufklärung der rassistischen Morde des ab 1998 in Deutschland agierenden Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) von erheblichen Irritationen überschattet: von Behörden hektisch vernichtete Beweismittel, ein fragwürdiges Netz von V-Leuten in der rechtsradikalen Szene und einseitige polizeiliche Ermittlungen, die die traumatisierten Familien der Opfer auch noch zu Verdächtigen machten.
Weit weniger wahrgenommen wurde ein Stück Literatur, das dem NSU – wie nachweislich anderen Neonazis weltweit – als Blaupause für ihre Anschläge gedient haben soll: Die Turner-Tagebücher, verfasst 1978 vom amerikanischen Nationalsozialisten William L. Pierce. Als einer der wichtigsten Schlüsseltexte der internationalen rechten Szene, erzählt der Roman von einer Untergrund-Terrorzelle, die mit Bombenattentaten und Mordanschlägen das System destabilisiert und eine weltweite, weiße Revolution auslöst. Auch auf den Computern des NSU wurde der dystopische Roman gefunden.
Playing Earl Turner lässt dokumentarisches Material und fiktionale Literatur aufeinandertreffen. Aus dem Gegenüber von Protokollen des NSU-Prozesses und Szenen aus den Turner-Tagebüchern entsteht ein beunruhigendes Szenario, das die Legende von Einzeltätern grundlegend in Frage stellt. Mithilfe von dokumentarischem Bild- und Tonmaterial entsteht eine atmosphärisch dichte Performance, die – ganz wie ihre (r)echten „Vorbilder“ – zum Spiel mit Selbstinszenierung, Verwandlung und Nachahmung gerät und nach und nach Strategien und Denkmuster der Täter*innen und das ideologische Programm eines international vernetzten, rechten Terrors offenlegt.
Playing Earl Turner feierte seine Premiere im Februar 2022 coronabedingt als Theaterfilm. Im selben Jahr wurde der Film als eine von acht herausragenden Inszenierungen zum Fast Forward - europäisches Festival für junge Regie ans Staatsschauspiel Dresden eingeladen.
Nun ist die Produktion erstmals in Wien als Theaterstück zu sehen.
Pressestimmen
"Der kurze Theaterabend hat Stil, hat Form, [...]"
Reinhard Kriechbaum, nachtkritik.de, 18. März 2024
Credits
Konzept, Recherche, Text
Laura Andreß
Stefan Schweigert
Regie
Stefan Schweigert
Dramaturgie
Laura Andreß
Performance
Simon Dietersdorfer
Nora Jacobs
Simon Mantei
Komposition und Sound Design
Simon Dietersdorfer
Bühnenbild
Lucas Fischötter
Video- und Lichtdesign
Martin Siemann
Kostüm
Andrea Simeon
Mitarbeit Produktion
Felix Huber
Hospitanz
Rebekka Utesch
Vor den Vorstellungen am 21., 22. und 23. März gibt Regisseur Stefan Schweigert im Rahmen einer dramaturgischen Einführung in die grundlegenden Themen der Produktion. Zusätzlich findet am 23. März ein Künstler_innengespräch mit Regisseur Stefan Schweigert und Dramaturgin Laura Andreß statt.
Nächste Vorstellungen am Petersplatz
Biografien
Laura Andreß
Laura Andreß studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft und absolvierte nach Dramaturgieassistenzen (u.a. Burgtheater, Schauspielhaus Wien, PACT Zollverein) einen Dramaturgie-Master an der HfS Ernst Busch, Berlin. Sie ist als freie Dramaturgin und Regisseurin tätig. Ihre Theaterarbeiten wurden u.a. an der Volksbühne Berlin, am Schauspiel Leipzig und im Rahmen der Wiener Festwochen gezeigt. Die Arbeit „NAME HER. Eine Suche nach den Frauen+“ wurde 2021 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Laura Andreß ist Gründungsmitglied des Wiener Performancekollektivs DARUM.
Stefan Schweigert
Stefan Schweigert studierte Regie am Max Reinhardt Seminar. Nach seinem Abschluss inszenierte er am Residenztheater München. Anschließend war er dort als Regieassistent tätig. Stefan Schweigert lebt in Wien und arbeitet als freischaffender Regisseur. Auch als dramaturgische Beratung für Wim Vandekeybus und Ultima Vez war er tätig. Seine Inszenierung Playing Earl Turner wurde zum Fast Forward Festival 2022 ans Staatsschauspiel Dresden eingeladen.